ICH BIN NICHT PINGELIG, ABER… - comito.at

ICH BIN NICHT PINGELIG, ABER…

Ein Einblick in die wichtigsten Mikrotypografie-Regeln

Bereits in mei­ner Aus­bil­dung zur Gra­fi­ke­rin war Mikro­ty­po­gra­fie ein wich­ti­ges The­ma, es gab kein Pro­jekt, bei dem nicht auf genau die­se Details geach­tet wur­de. Und genau dar­um geht es, um die Details im Schrift­bild, die einer 'pin­ge­li­gen' Gra­fi­ke­rin wie mir immer sofort ins Auge ste­chen.

Aber zu aller­erst: Was ist Mikro­ty­po­gra­fie über­haupt?

Wenn man von Typo­gra­fie spricht, wis­sen die meis­ten bereits, dass es dabei um Schrift geht, um alles was mit Schrif­ten in gestal­te­ri­schen Anwen­dun­gen zu tun hat. Die ange­wand­te Typo­gra­fie wird aller­dings wei­ter in Mikro- und Makro­ty­po­gra­fie unter­teilt. Im Gegen­satz zur Makro­ty­po­gra­fie, bei der es um die Schrift im Gesam­ten geht, befasst sich die Mikro­ty­po­gra­fie mit der Gestal­tung und Ver­wen­dung der Schrift selbst – um die Details im Schrift­bild.

So und da wir jetzt die­sen Unter­schied in der Typo­gra­fie ken­nen, möch­te ich euch über die bekann­tes­ten 'Stol­per­fal­len' in die­sem Bereich auf­klä­ren.

Apo­stroph, Zoll­zei­chen & Akzent

Wenn man durch die Stadt läuft, sieht man so oft ver­schie­dens­te Zei­chen, die als ver­meint­li­cher Apo­stroph ver­wen­det wer­den. Aber Ach­tung, es gibt in der Typo­gra­fie nur ein Zei­chen, das hier­für ver­wen­det wer­den darf – die­ses ähnelt der Zif­fer 9, es ist also eine Gly­phe, die im obe­ren Bereich dicker ist als unten:

Falsch wäre in die­sem Fall die Ver­wen­dung eines Zoll­zei­chens (Minu­ten­zei­chens), das eine kom­plett gera­de Form hat. Die­ses Zei­chen fin­det nur in ganz sel­ten Fäl­len Anwen­dung, näm­lich aus­schließ­lich dann, wenn die Anzei­ge des Medi­ums (zett Be: im Web) den kor­rek­ten Apo­stroph nicht zulässt.

Gänz­lich ver­kehrt wäre die Ver­wen­dung eines Akzents (Tas­te recht von der Null). Die­se Glyphe(n) sind aus­schließ­lich für Akzents gedacht und wer­den nur in Kom­bi­na­ti­on mit ande­ren Buch­sta­ben ver­wen­det. Zett Be: á oder ì.

Apro­pos Apo­stroph: Es gibt auch das soge­nann­te 'Dep­pen­apo­stroph', ein Apo­stroph, das oft an fal­schen Stel­len gesetzt wird. Das pas­siert unter ande­rem bei der Plu­ral­bil­dung oder bei Eigen­na­men im Geni­tiv. Zett Be: Daniela’s neu­es­ter Blog – FALSCH! Rich­tig wäre: Danie­las neu­es­ter Blog

Anfüh­rungs­zei­chen

Ähn­lich wie bei einem Apo­stroph ver­hält es sich auch mit den Anfüh­rungs­zei­chen. Dabei muss man nicht nur auf die rich­ti­ge Form, son­dern auch auf die kor­rek­te Ver­wen­dung in unter­schied­li­chen Spra­chen ach­ten.

Das öff­nen­de Anfüh­rungs­zei­chen befin­det sich unten und hat die Form der Zif­fer 9, im Gegen­satz dazu befin­det sich das schlie­ßen­de oben und gleicht der Zif­fer 6 (Esels­brü­cke: 99…66). Die­se Vari­an­te ist die klas­si­sche Vari­an­te in der deut­schen Spra­che, im Eng­li­schen wer­den bei­de Anfüh­rungs­zei­chen oben gesetzt und in ent­ge­gen­ge­setz­ter Rei­hen­fol­ge ver­wen­det (Esels­brü­cke: 66…99).

Lei­der sind die­se kor­rek­ten Anfüh­rungs­zei­chen in vie­len Text­ver­ar­bei­tungs­pro­gram­men etwas ver­steckt und somit führt es öfters dazu, dass fal­sche Zei­chen ver­wen­det wer­den, wie bei­spiels­wei­se die ein­fa­chen (Shift+#) oder dop­pel­ten Kodie­rungs­zei­chen bzw. Zoll­zei­chen (Shift+2). Die Ver­wen­dung die­ser Gly­phen soll­te aber tun­lichst ver­mie­den wer­den.

Um auf Num­mer Sicher zu gehen kön­nen auch die soge­nann­ten Guil­lemets ver­wen­den wer­den. Die­se stam­men ursprüng­lich aus dem Fran­zö­si­schen, wer­den aber auch im Deut­schen als ele­gan­te Alter­na­ti­ve für Anfüh­rungs­zei­chen ver­wen­det. Hier gilt: die spit­zen Enden zei­gen im Deut­schen immer nach innen.

Bin­de- & Gedan­ken­strich

Vie­len ist wahr­schein­lich bekannt, dass es den Bin­de­strich in unter­schied­li­chen Aus­füh­run­gen gibt, einen kur­zen und einen lan­gen Strich, der manch­mal sogar auto­ma­tisch vom Text­ver­ar­bei­tungs­pro­gramm gene­riert wird. Aber die Län­ge allein ist nicht der ein­zi­ge Unter­schied, das wich­tigs­te dabei ist näm­lich die unter­schied­li­che Bedeu­tung, die die­se Vari­an­ten haben. Der kur­ze Strich gilt bei uns als klas­si­scher Bin­de­strich, wobei der etwas län­ge­re als Gedan­ken­strich bezeich­net wird. Aber wann und wo wird jetzt wel­che Vari­an­te ver­wen­det?

Der Bin­de­strich (Divis) ist der klas­si­sche Trenn­strich oder Ver­bin­dungs­strich und wird nie­mals zwi­schen zwei Leer­zei­chen gestellt.

Der Gedan­ken­strich, auch Stre­cken- oder Halb­ge­viert­strich genannt, ist etwas län­ger als der nor­ma­le Bin­de­strich und wird vor­wie­gend als Aus­las­sungs­strich oder Minus­zei­chen benutzt.

Feh­len­de bzw. falsch gesetz­te Zei­chen­ab­stän­de

Nicht sel­ten pas­siert es, dass bei Wort-Kop­pe­lun­gen, bei denen ein­zel­ne Wör­ter als Zei­chen abge­bil­det wer­den, die Abstän­de falsch gesetzt wer­den. Dabei ist vor allem der Kon­text wich­tig, in dem die­se Kom­bi­na­tio­nen ver­wen­det wer­den, da sich hier die mikro­ty­po­gra­fi­schen Regeln unter­schei­den. Hier fol­gen zwei Bei­spie­le, bei denen die­se fal­schen Abstän­de am häu­figs­ten pas­sie­ren:

Das oft ver­wen­de­te Grad-Zei­chen (°) ersetzt das Wort »Grad« in Tex­ten, aller­dings ist der Abstand zu den vor­ge­stell­ten Zif­fern von der nach­fol­gen­den Kom­bi­na­ti­on abhän­gig. Je nach­dem ob das Grad­zei­chen allei­ne steht oder mit Text bzw. Abkür­zun­gen zusam­men­hängt ist die Ver­wen­dung von Leer­räu­men unter­schied­lich.

Beim Pro­zent­zei­chen (%) ver­hält es sich ähn­lich, auch hier kommt es dar­auf an in wel­chem Umfeld es ver­wen­det wird. Grund­sätz­lich gilt, dass zwi­schen Zahl und Pro­zent­zei­chen immer ein Leer­zei­chen gesetzt wird. Aller­dings ist dies nur der Fall, wenn das Pro­zent­zei­chen das allein gestell­te Wort »Pro­zent« ersetzt – zett Be: 50 % oder 50 % Pro­vi­si­on

Anders ver­hält es sich im fort­lau­fen­den Wort, hier wird das Pro­zent­zei­chen direkt an die Zif­fer gestellt – zett Be: Eine 50%ige Chan­ce den Preis zu gewin­nen.

Dop­pel­tes Leer­zei­chen

Eine ver­meint­li­che Klei­nig­keit, die aber Adler­au­gen wie mir auch sofort ins Auge ste­chen, sind dop­pel­te Leer­zei­chen. Die­se wer­den oft ver­se­hent­lich wäh­rend des Schrei­bens gemacht, stö­ren aber anschlie­ßend den Leser im Lese­fluss und kön­nen unschö­ne Löcher im Text ver­ur­sa­chen. Hier emp­fiehlt es sich nach Fer­tig­stel­lung eines Doku­ments die Funk­ti­on »Suchen & Erset­zen« zu ver­wen­den und somit die­se Dop­pel-Leer­zei­chen zu eli­mi­nie­ren.

Mein Name ist Danie­la Kli­ma, ich bin Gra­fi­ke­rin und Soci­al Media Mana­ge­rin bei comito und ich hof­fe ich konn­te euch hier die wich­tigs­ten Regeln der Mikro­ty­po­gra­fie ein biss­chen näher­brin­gen, so dass auch ihr genau die Feh­ler seht, die in die­sem Zusam­men­hang lei­der immer und über­all auf­tau­chen kön­nen.

Mittwoch 26. August 2020